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| Parkgebühren & Knöllchen - eine kommunale Goldgrube
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| Ja ja, das waren noch Zeiten, als die klassischen Parkuhren fast freundschaftlich als "Groschengräber" bezeichnet wurden, als man für diesen Groschen (Hinweis für jüngere Leser: 1 Groschen = 10 Pfennig = ca. 5 Cent) eine halbe Stunde parken und der Folgeparker die Restzeit noch mit nutzen konnte.
Heute ist günstiges oder kostenfreies Parken fast nur noch in kleineren Städten möglich - und auf dem Land. Stadtbewohner bekommen auf dem Land also etwas fast immer gratis, wofür Dorfbewohner in der Stadt fast überall zur Kasse gebeten werden.
Bundesweit fließen jährlich €-Milliarden in die Taschen der Städte und privater Parkplatzeigentümer.
Natürlich ist es ein normales ökonomisches Instrument, durch die Gebührenhöhe die Nachfrage nach "knappen" Parkplätzen zu regulieren. Und mancher Privateigentümer macht mit Parkplätzen vermutlich mehr Gewinn als mit einer anderen Grundstücksnutzung. Aber ist es legitim, wenn viele Kommunen hier gleichziehen und statt nach angemessenen Gebühren ebenso nach einer Gewinnmaximierung streben?
Um die Größenordnung zu verdeutlichen, machen wir eine Beispielrechnung: Ein Parkplatz am Straßenrand einer belebten Innenstadtstraße hat ca. 10 m² Fläche. Außer Sonn- und Feiertags, also an ca. 300 Tagen/Jahr werden täglich für 10 Stunden a 1 € Parkgebühren eingenommen, mithin jährlich 3.000 € oder 300 €/m². Selbst wenn diese Rechnung nur zur Hälfte stimmt, wird dennoch klar, dass Parkplätze mehr Umsatz und Gewinn versprechen als z. B. Mietwohnfläche.
Knöllchen-Paradies als Zugabe
Und damit auch keiner sich unerlaubt um die hohen Parkgebühren drückt, ziehen täglich tausende von Ordnungshütern durch unsere Städte um die Stadtkassen obendrein mit Knöllchen-Millionen zu bereichern.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um das Aufschreiben von Parkgebührensündern und behindernden Fehlparkern im Parkverbot. Jede gebührenpflichtige Fehlhandlung, die sich als Ordnungswidrigkeit ahnden lässt, wird zum gefundenen Fressen für die Knöllchen-Verteiler(innen).
Beispiel gefällig? Nehmen wir mal das unerlaubte Parken entgegen der Fahrtrichtung links zur Fahrbahn: Auf stark befahrenen oder gar mehrspurigen Hauptstraßen ist dieses Verbot sinnvoll. Vernünftige Autofahrer werden aber aus Eigeninteresse dort lieber wenden um mit dem Verkehrsfluss ordentlich ein- und ausparken zu können. Das Knöllchen-Geschäft blüht aber primär in der Masse der weniger frequentierten Straßen, wo die Parkrichtung kein reales Problem verursacht.
Und wenn beim Falschparken die Strafgebühr variiert, je nach Status "ohne" oder "mit" Behinderung, wird schnell die Behinderung herbeisimuliert, weil man ja sonst zumindest am maximalen Knöllchen-Ertrag gehindert wird.
Und letztens habe ich in Lörrach die Erfahrung machen müssen, dass man auch mit dem Motorrad nicht mehr vor den eifrigen Knöllchen-Verteilern sicher ist. Sofern man nicht selbst durch Ortskenntnis oder Zufall einen der seltenen regulären Motoradparkplätze findet, ist man formal gezwungen einen normalen Autoparkplatz zuzuparken, obwohl man platzsparend in jeder Nische nur 1-2 m² braucht.
Nicht zu verwechseln sind Motorradparkplätze mit Zweiradparkplätzen, die primär für Fahrräder gedacht sind. Dort wird das Parken von Motorrollern und Motorrädern zwar teilweise geduldet, aber im benachbarten Basel wurde ich schon mal von einer freundlichen Ordnungskraft darauf hingewiesen, dass es kostenfrei ist - wenn ich mir einen anderen Stellplatz suche.
Teilen sich mehrere Biker einen Autoparkplatz, muss übrigens jeder die volle Parkgebühr zahlen. Eine sehr Stadtkassen-freundliche Sonderregel.
Mein Vergehen in Lörrach bestand darin, das Motorrad neben der Fahrbahn sehr platzsparend so an das Kopfende einer mit Beton eingefassten Mini-Grünfläche zu stellen, dass selbst die Laufwege keines Fußgängers beengt sein konnten. Statt mit 10 € wurde ich aber trotzdem mit 20 € zur Kasse gebeten, was eine unterstellte Behinderung voraussetzt (Regel nachzulesen in der ADAC-motorwelt, Heft 10/2016).
Fazit: Auch wenn man zugestehen muss, dass es in unseren Städten nicht ohne Parkgebühren und Parkraumbewirtschaftung geht - das ist kein Freibrief für unbeschränkte Einnahmen-Maximierung, besonders dort, wo Stadtbesuchern aus dem Umland nicht mal eine akzeptable ÖPNV-Alternative zur Verfügung steht.
Und den oberfleißigen Knöllchen-Verteilern und ihren kommunalen Auftraggebern sei ins Gewissen geredet: Formelle Ordnungswidrigkeiten sind keine Straftaten und unterliegen keiner Verfolgungs-Pflicht. Mit Augenmaß in der Anwendung des Ordnungsrechtes wird auch das Gesicht der Stadt freundlicher.
Rolf Albrecht
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